Ausschnitte aus Julius Kugys Buchs „Aus dem Leben eines Bergsteigers“
„Von Norden gesehen, aus der Seissera, erhebt sich der Montasch in fürchterlichen Wänden. Es ist ein Bild von ergreifender Gewalt, das man sehen muß und mit einer Schilderung nicht darstellen kann. Wie oft bin ich auf der schönen Waldwiese vor der Seisserahütte rastend und träumend gelegen und habe zu ihm emporgeblickt, wie man von den Rasenhängen um Breuil zum italienischen Matterhorn schaut. Und welch ein Schauspiel, wenn der Südwest mit schwarzen Segeln über seine Grate herüberfegte und den gewaltigen Berg in einen finsteren Wolkenthron verwandelte! Am schönsten habe ich ihn gesehen, wenn ich in der Seissera schlief und des Morgens zu seinen Füßen erwachte. Da lag über diesen Wänden, in denen die Morgenlichter spielten, eine traumhafte Größe und Herrlichkeit. Der Nordturm schließt sich hier knapp an den Jôf, so daß man die rote Scharte dazwischen nur ahnt und nicht so schön sieht wie von Dogna aus. Man sieht überhaupt keine ausgeprägten Gipfelformen, man sieht eine Wunderwelt von Wänden, darüber in einer Höhe, daß man den Kopf in den Nacken zurücklegen muß, einen ungefügen Elefantenrücken. Trotzdem wirkt das Bild nicht allzu schwer. Es ist für Gliederung und Leben gesorgt. Zur Rechten senkt sich jenseits der Nordwestschulter ein vieltürmiger Grat herab. Er gleicht dem Kamm eines riesigen Drachen und gibt dem Montasch, gegen die Dolomiten und die Tauern hin, die phantastische Drachengestalt, die schon vielfach hervorgehoben worden ist. Ich habe ihn darum den ‚Drachengrat‘ getauft.“
Aus „Anton Oitzinger. Ein Bergführerleben“ von Julius Kugy
„Im südlichen Scheitel des Dreieckes, mitten in der Enge der Pforte, liegt das Dörfchen. Noch vor wenigen Jahrzehnten war es ein recht ärmliches Bergdorf, das ein schlechtes, schmales und holperiges Bergsträßchen durchzog. Die schweren Granaten des Krieges haben es bis zu den Grundmauern zerstört. Es erstand wieder, freundlicher, sauberer und schöner, als es je vorher war. Heute liegt es so fein und so selbstverständlich da, als sei ein schmuckes Spielzeug hingestellt, gerade an seinen richtigen Platz. Wenn man, von der Haltestelle Valbruna kommend, unversehens vor ihm steht, oder es, von Uggowitz herüberwandernd, schon von weitem erblickt, so muß man voll Freude sagen: „Gewiß, dieses Dörfchen gehört hierher, in dieses Bild, hier muß es stehen. Mein Gott, das ist ja das Bergdörfchen, das immer in meinen Träumen lag. So ist es, und so muß es sein!“ Und so sagt das Dörfchen zu dir, und du sagst zu ihm ein freundliches „Grüß Gott!“
www.maca.tours